Andacht und Empfang mit zahlreichen Gästen

Bilder aus den Anfängen zeigte der Empfang
Siebzig Gäste feierten gemeinsam

 

Zehn Jahre ist sie nun schon alt, die Kapelle im Johannes Wesling Klinikum in Minden. Zum ersten runden Geburtstag, der zunächst mit einer ökumenischen Andacht und dann mit einem Empfang im Großen Saal des Klinikums gefeiert wurde, kamen rund 70 Gäste zusammen. Frühere und jetzige Patientinnen und Patienten waren ebenso dabei wie Ärztinnen und Ärzte, Spenderinnen und Spender, Pfarrerinnen und Pfarrer sowie die Künstlerin, die diesen Ort geschaffen hat. Pitt Witt am E-Piano und Flügel sowie die Sängerin Jördies Treude begleiteten das Jubiläum auf einfühlsame Weise musikalisch.
Denn die Kapelle ist etwas ganz Besonderes: Im Jahr 2008 nach Plänen der Bildhauerin Susanne Thun entstanden, ist sie Raumskulptur und sakraler Raum zugleich. An zentraler Stelle des Klinikums, gleich gegenüber vom Haupteingang, bildet die Kapelle so etwas wie eine eigene kleine Welt. Mitten in der Hektik und Geschäftigkeit des großen modernen Krankenhauses ist sie eine Oase der Stille.
Die Kapelle steht im Innenhof des Klinikums und besteht aus einem großen Glas-Kubus, in dem sich die begehbare Skulptur befindet. Im Inneren des Kubus hat man die Wahl, um die Skulptur herum oder in sie hinein zu gehen; sie ist geschaffen aus 60 bis zu fünf Meter hoch geschichteten, auf spezielle Weise gebogenen Balken aus Kiefernholz. Die Balken stammen aus der Kaserne am Holzmarkt in Verden (Aller), wo sie ab 1830 das Dach einer Reithalle bildeten. Im Klinikum liegt die Bogenkonstruktion auf der Seite und bildet einen nach oben hin offenen Raum mit integrierten Sitzbänken, der Viele von der Form her an ein Schiff erinnert. Das Holz ist lediglich manuell abgeschliffen und weitgehend unbehandelt, vorn halb links hängt an den Balken ein verwitterter hölzerner Christus, der aus einem Wegekreuz stammt.
Als Altar dient ein Block aus 200 Milllionen Jahre altem Muschelkalkstein. Er stammt aus einem Steinbruch in der Nähe von Würzburg und wiegt zwei Tonnen. Ähnlich wie die Holzbalken ist auch der Altarstein weitgehend so verwendet, wie er vorgefunden wurde. Keineswegs wurde er im Steinbruch in seine eckige, würfelige Form geschnitten – er war schon so. Der Block zeige die Schichten des Urmeeres, sagt Susanne Thun, und vermittle eine andere Dimension von Zeit.
Obwohl er also ganz anders ist als andere Altäre, bildet er einen Fix- und Orientierungspunkt in dem außergewöhnlichen Raum. Für Besucherinnen und Besucher gilt es gewissermaßen, in Bezug auf diesen Fixpunkt einen eigenen Standort beziehungsweise Standpunkt zu finden. Wer die Herausforderung annimmt, sich hier zu positionieren, bekommt zugleich eine reelle Chance, mitten in der Bedrohung des Lebens und der Gesundheit, die zwangsläufig den Aufenthalt in einem Klinikum prägt, Momente der Einkehr, Spiritualität und neuer Hoffnung zu finden.
Wie wohltuend und heilsam ein Besuch an diesem Ort sein kann, vermitteln auf eindrucksvolle Weise die Einträge in den acht „Anliegen-Büchern“, die im Laufe der Jahre von Patientinnen und Patienten oder auch Angehörigen gefüllt worden sind. In der Andacht lasen Pfarrerin Melanie Drucks und Pfarrer Oliver Vogelsmeier ausgewählte Passagen daraus vor. Immer wieder wird in diesen Büchern der Dank „für diesen Ort der Stille und Ruhe“ formuliert. Hier fänden Gedanken ihren Raum, für die im Trubel der Station kein Platz sei.